Ich machen den Job als Mathe Nachhilfelehrer und Coach nun schon seit über 25 Jahren. Früher um mir mein Taschengeld aufzubessern, später um mir mein Studium zu finanzieren, heute mit einem großartigen Team hauptberuflich. Ich habe hunderte von Schülern, Studenten und Berufstätigen die Angst vor der Mathematik genommen. Nicht selten war ich mitverantwortlich, dass Menschen, die an der Mathematik verzweifelt sind, später Mathematik Leistungskurs gewählt oder sogar Mathematik studiert haben.

Aber wo liegt eigentlich das Problem? Sind die Schüler dumm? Mangelnder IQ? Faulheit? Hier ein kleiner Erklärungsversuch:

Klar, solche Fälle gibt es auch, aber die machen vielleicht 3 – 5% aus. Nein, das Hauptproblem ist die Art und Weise, wie Mathematik vermittelt wird. Das fängt bereits bei der Qualifikation der Lehrer an. Wäre ich während meines Studiums drei Mal durch dieselbe Prüfung gefallen, wäre ich von der Uni verwiesen worden und hätte nie wieder ein Mathematik Studium an einer deutschen Hochschule aufnehmen können. Angehende Lehramtsstudenten haben an meiner Uni zum Teil Ihre Prüfungen vier oder gar fünf Mal wiederholt und sind dann gerade eben so durchgekommen. Um es kurz zusammen zu fassen. Mit wenigen Ausnahmen sind die schlechtesten meiner Kommilitonen Lehrer geworden. Früher hieß es wer nichts wird (Betriebs-) Wirt – heute wird man Lehrer.

Aber warum ist das so? Blicken wir doch mal 100 Jahre zurück. Damals war der Lehrer eine Respektsperson. Das Ansehen in der Gesellschaft war hoch, die Bezahlung gut. Und heute? Heute dient der Lehrer häufig als Fußabtreter der Nation. Alle Defizite in Bildung, Benehmen und Haltung junger Menschen, werden dem Lehrer und der Schule angelastet. Jetzt kann man argumentieren, dass Lehrer ja viel Geld verdienen und zusätzlich noch so lange Ferien haben. Prinzipiell ist das richtig. Also sind die Lehrer schuld. Oder?

Auf der anderen Seite: Wer stellt sich denn freiwillig vor eine Klasse mit über 30 Schülern? Und das in teilweise runtergekommen Gebäuden mit miserabler Ausstattung? Das Berufsbild Lehrer ist eine schlechte Alternative zu hochdotierten Jobs in Wirtschaft und Forschung. Ich denke, die Lösung sieht anders aus. Zunächst einmal müsste man den Beruf des Lehrers wieder attraktiv machen:

– Eine Leistungsgerechte Bezahlung, wie in der Wirtschaft. Sonst gehen (verständlicher Weise) die guten Akademiker dorthin und nicht an die Schulen.
– Kleine Klassen mit max. 12 Schülern
– Modernisierte und gut ausgestattete Schulgebäude
– Regelmäßige Weiterbildungen für Lehrer, von Experten aus der Wirtschaft
– Neustrukturierung des Lehramtsstudiums mit mehr Praxisanteilen

Oder anders ausgedrückt: Wenn Deutschland in Zukunft noch eine Chance im internationalen Vergleich haben möchte, sollten wir die letzten Ressourcen in die Bildung der nachfolgenden Generationen investieren. Zudem erfordert es ein Umdenken in der Gesellschaft. Die Verantwortung für Bildung und Erziehung gehört nicht in die Schulen, sondern in die Familien.

Euer Kai